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"Unsere Arbeit ist jetzt wichtiger denn je."

Nach einem erfolgreichen Jahr 2019 rüstet sich der Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds für herausfordernde Zeiten. Im Interview sprechen Geschäftsführer Thomas Erdle, Andreas Buschmann, Leiter der Bildungsförderung, und Christian Lürwer, Leiter der Immobilienverwaltung, über die Folgen der Corona-Krise für die Stiftungsarbeit und über anstehende Veränderungen.

Andreas Buschmann, Leiter der Bildungsförderung, Christian Lürwer, Leiter der Immobilienverwaltung und Thomas Erdle, Geschäftsführer im Gespräch
Von links: Andreas Buschmann, Leiter der Bildungsförderung, Christian Lürwer, Leiter der Immobilienverwaltung und Thomas Erdle, Geschäftsführer im Gespräch

Das Frühjahr ist eigentlich eine Zeit, in der Sie beim Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds als Team gemeinsam Bilanz ziehen über die Erfolge und die Arbeit des vergangenen Jahres – und in der gleichzeitig auch die Bewerbungsverfahren für neue Förderprojekte und Stipendien in eine kritische Phase kommen. Wie hat die Corona-Krise diese Abläufe verändert?

Erdle: Als Mitte März die ersten staatlichen Maßnahmen gegen die Pandemie beschlossen wurden, haben wir ganz kurzfristig eine letzte gemeinsame große Sitzung im Büro einberufen. Natürlich mit dem nötigen Abstand. Wir haben uns überlegt: Welche Entscheidungen müssen wir jetzt sofort treffen? Wie wird unser Arbeitsalltag in den kommenden Wochen aussehen, wie können wir dafür sorgen, dass alle sicher und gesund bleiben? Zum Glück haben wir schon in den vergangenen Jahren einen großen Teil unserer Prozesse digitalisiert, so war klar, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice sicher und effizient weiterarbeiten können.

Buschmann: Neben diesen internen organisatorischen Entscheidungen stellte sich natürlich auch sogleich die Frage: Wie können wir das Auswahlverfahren für unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten fortsetzen? Die Bewerbungen lagen uns bereits vor, eigentlich hätte nun der große Bewerbertag mit den persönlichen Vorstellungsgesprächen stattfinden sollen. Der fiel natürlich aus. Wir haben uns dann schnell entschieden, in den dringlichsten und zeitkritischsten Fällen trotzdem direkt über die Vergabe der Stipendien zu entscheiden, indem wir Videointerviews mit den Bewerberinnen und Bewerbern führen. Alle weiteren Entscheidungen haben wir in den Herbst verschoben.

 

Warum haben Sie nicht einfach alle Interviews digital geführt?

Buschmann: Zum einen war uns klar, dass die Corona-Krise weitreichende Folgen für unsere Förderarbeit haben wird, die wir in diesen ersten Tagen und Wochen noch nicht vollständig absehen konnten. Es war also sinnvoll, die Entscheidungen zu vertagen. Abgesehen davon ist die persönliche Interaktion beim Bewerbertag ein ganz wichtiges Element unseres Auswahlprozesses. Wir planen jetzt, dass wir im Herbst ein Veranstaltungsformat organisieren, bei dem echte persönliche Begegnungen zwischen Bewerbern, Stiftern und Juroren stattfinden.

Andreas Buschmann

Gehen Sie denn davon aus, dass das im Herbst wieder möglich sein wird?

Buschmann: Natürlich brauchen wir einen Plan B für den Fall, dass es im Herbst auch weiterhin keine solchen Präsenzveranstaltungen geben darf. Daran arbeiten wir zurzeit. Keine Verschiebung, sondern eine Absage gab es hingegen bei unserem jährlichen Stiftungsfest. Das Fest ausfallen zu lassen ist uns nicht leichtgefallen, aber allein aus Sicherheitsgründen und auch um das Risiko hoher Stornokosten zu vermeiden, war das für dieses Jahr einfach die vernünftigste Entscheidung.

Sie sprechen davon, dass es Veränderungen in Ihrer Arbeit geben wird und dass Kosten gesenkt werden müssen. Warum ist das so?

Erdle: Das liegt vor allem an den aktuellen Entwicklungen auf den Kapitalmärkten. Binnen kürzester Zeit nach Verkündung der staatlichen Maßnahmen gegen die Pandemie waren die Börsen im freien Fall. Das hatte schmerzhafte Folgen. Im Jahr 2019 war es uns noch erfolgreich gelungen, die in den Vorjahren aufgelaufenen stillen Lasten, die bereits durch zurückliegende Börsenturbulenzen in der Bilanz entstanden waren, zu halbieren. Wir waren auf einem guten Weg und hätten das Jahr mit einem im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gesteigerten Gewinn aus der Vermögensverwaltung abgeschlossen. Deshalb haben wir im Vorgriff auf das Jahr 2020 alle Verlustdifferenzen der Wertpapiere zum Kursstichtag 31. Dezember 2019 abgeschrieben und aus den Reserven der freien Rücklagen ausgeglichen. Jetzt ist aber auch klar, dass wir in den nächsten Jahren eine positive Entwicklung mit weiter hohen Gewinnrealisierungen nicht erwarten können, sondern dass wir neben den schon vorgenommenen Wertberichtigungen Verluste aus den Finanzanlagen realisieren und gewaltige Vermögensumschichtungen vornehmen müssen.

Was bedeutet das konkret?

Erdle: Neben den vorgenommenen Wertberichtigungen und den Rücklagenentnahmen werden zukünftige Erträge aus unseren Kapitalmarktinvestments, die üblicherweise rund die Hälfte unserer jährlichen Gesamteinnahmen aus der Vermögensverwaltung ausmachen, dieses Jahr sehr viel niedriger ausfallen als geplant.

Geschäftsführer Thomas Erdle

Wie groß ist der Einbruch bei den Erträgen für das laufende Jahr?

Erdle: Soweit wir das heute schon sagen können, werden die Erträge aus den Finanzanlagen 2020 um rund zwei Drittel niedriger ausfallen als im Vorjahr. Aufs Gesamtvermögen gesehen bedeutet das – wobei dies zu diesem Zeitpunkt nur ein geschätzter Wert sein kann – Mindereinnahmen von mehr als einer Million Euro. Dieser Betrag wird uns für die Finanzierung unserer Förderarbeit in diesem Jahr fehlen.

 

Ist das Stiftungsvermögen insgesamt durch diese Entwicklung gefährdet?

Erdle: Nein. Wir sind finanziell sehr solide aufgestellt, haben uns in den vergangenen Jahren ein bequemes finanzielles Polster angelegt, von dem wir nun zehren können. Einen Teil der über viele Jahre sehr hohen Umschichtungsgewinne aus den Finanz- und Immobilienanlagen haben wir in die freien Rücklagen eingebracht, auf die wir in schwierigeren Zeiten zurückgreifen wollten, wie schon im Jahresabschluss 2019 geschehen. Damit fangen wir einen großen Teil der Wertberichtigungen, die bei den Finanzanlagen nötig geworden sind, wieder auf.

 

Warum dann überhaupt sparen und Kosten senken in der -Förderarbeit?

Erdle: Natürlich können wir mit den beschriebenen Maßnahmen die Ertragslücke ausgleichen. Wir gehen aber davon aus, dass wir nicht nur einige schwierige Monate in einem wirtschaftlich unsicheren Gesamtumfeld überbrücken müssen, sondern dass die weltwirtschaftliche Lage über einen längeren Zeitraum schwieriger und damit auch unsere Einnahmen deutlich niedriger sein werden als gewohnt. Daher wollen wir unsere Rücklagen natürlich so weit wie möglich schonen, und das heißt, wir müssen bei den laufenden Ausgaben für die Förderarbeit sparen. Es ist uns wichtig, auch in den kommenden Jahren ein adäquates Sicherheitspolster im Hintergrund zu haben und es wenn möglich wieder aufzufüllen. Wir müssen daher unsere Strategie in der Vermögensverwaltung entsprechend anpassen.

Welche Rolle spielt bei dieser Neuausrichtung der Anlagestrategie die Immobilienverwaltung? Sind auch bei den Erträgen aus den Immobilienanlagen Einbrüche zu erwarten?

Lürwer: Nein, die Immobilienmärkte erweisen sich bislang als sehr krisenresistent. Wir gehen auch davon aus, dass das so bleiben wird, insbesondere in den Bereichen, in denen der Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds traditionell stark investiert ist: im Wohnimmobilienbereich im Kölner Stadtgebiet und im Umland sowie bei unseren landwirtschaftlich genutzten Flächen und Erb-pachten. Deshalb beschleunigen wir nun die Umsetzung einer Strategie, die wir schon im Jahr 2019 begonnen haben. Wir legen den Fokus in der Vermögensverwaltung stärker auf Immobilieninvestments und reduzieren den Anteil der Finanzmarktanlagen im Gegenzug schrittweise. Das ist aber ein Umbauprozess der Einnahmestruktur, der ein paar Jahre Zeit in Anspruch nehmen wird.

Leiter Immobilienverwaltung Christian Lürwer

Wo investieren Sie jetzt konkret?

Lürwer: Schon vor der Corona-Krise haben wir mit der Erweiterung unseres Portfolios begonnen: Wir haben im Jahr 2019 in eine Bestands-Kindertagesstätte investiert und in zwei Kita-Neubauprojekte. Das erste Neubauprojekt konnten wir bereits an den Betreiber übergeben, der zweite Kita-Neubau mit angeschlossener Wohnimmobilie wird 2021 fertiggestellt. Diese Art von Investments wollen wir weiter ausbauen.

Warum gerade Kindertagesstätten?

Lürwer: Ich bin Anfang des Jahres 2019 als neuer Leiter der Immobilienverwaltung zum Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds gekommen und habe diese Idee gleich zu Beginn eingebracht. Denn was tun wir als Stiftungsfonds? Wir investieren in die Bildung junger Menschen. Bildung fängt im Kindergartenalter an, deshalb passen diese Immobilienprojekte perfekt zu unseren Zielen.

 

Sind  solche  Sozialimmobilien  denn  auch  wirtschaftlich -sinnvoll?

Lürwer: Absolut, diese Investments lassen sich auch wirtschaftlich sehr gut abbilden. Der Bedarf an Kitas ist noch kaum gedeckt, denn die Nachfrage nach Kitaplätzen steigt seit Jahren an. Durch langfristige Verträge mit den meist städtischen und öffentlichen Betreibern bringen die Immobilien zudem sichere, langfristig planbare Erträge. Auch in dieser Hinsicht passen die Investments gut in unsere Strategie: Wir arbeiten ja sehr langfristig daran, den Wert und die Erträge der Investments zu erhalten und weiter auszubauen. Nach den positiven Erfahrungen mit den Kitaimmobilien wollen wir außerdem weitere Sozialimmobilien in den Blick nehmen: Seniorenwohnungen können wir uns zum Beispiel auch sehr gut als weitere Investitionen vorstellen.

Andreas Buschmann und Christian Lürwer

Sind die aktuelle Krise und die kommende Rezession denn eine gute Zeit für Schnäppchenkäufe am Immobilienmarkt für Sie und Ihr Team?

Lürwer: Eher nicht. Zum einen gibt es wie gesagt derzeit gar keinen Preiseinbruch am Immobilienmarkt, allenfalls ist eine eher abwartende Haltung vieler Investoren zu beobachten. Kurzfristige Schnäppchenkäufe würden aber auch generell überhaupt nicht in unsere langfristige Strategie passen. Wir haben gerade in den ersten Wochen und Monaten der Corona-Krise erlebt, wie wichtig und wertvoll unsere langjährig gewachsenen vertrauensvollen Beziehungen zu Mietern und Pächtern sind.

Gab es viele Mieter, die wegen Kurzarbeit oder Arbeitsplatzverlust ihre Miete nicht zahlen konnten -oder ausziehen -mussten?

Lürwer: Wir haben nur in ganz wenigen Einzelfällen mit Mietern über kurzfristige Mietstundungen sprechen müssen. Sonst blieb es sehr ruhig, ausziehen musste natürlich niemand. Auch in den schwierigen ersten Krisenwochen, als alle zu Hause festsaßen, ist die Stimmung in den Wohnhäusern nicht gekippt. Wir haben dafür gesorgt, dass die Mieter immer einen verlässlichen Ansprechpartner in unserem Team der Immobilienverwaltung hatten. Das hat sehr gut geklappt, auch als wir alternierend im Homeoffice gearbeitet haben. Wir werden daher in jedem Fall weiter Wert darauf legen, Immobilien und Mieter sehr sorgfältig auszuwählen und diese vertrauensvollen Beziehungen zu -pflegen.

Die Einnahmen aus den Immobilieninvestments sorgen also weiter für finanzielle Stabilität. Dennoch müssen Sie in der Förderarbeit ja in der nächsten Zeit Einsparungen vornehmen. Wie entscheiden Sie, wo gespart wird und wo nicht?

Erdle-Interview-02

Erdle: Diese Entscheidungen wollen wir nicht übers Knie brechen, dazu sind sie zu wichtig. Wir haben daher beschlossen, uns im Herbst mit dem gesamten Team zu einer großen Konferenz zur Neuausrichtung unserer Arbeit zu treffen und dort ganz grundlegende Wegmarken für eine neue Strategie zu setzen: Wie wollen wir in Zukunft zusammenarbeiten, welche Arbeitsschritte können wir vielleicht noch digitaler und effizienter gestalten? Wo wollen wir in Zukunft unsere Förderschwerpunkte setzen? Wie können wir junge Menschen in diesen schwierigen Zeiten noch besser bei ihrer Bildung unterstützen? Wie können wir als Akteur der Zivilgesellschaft dazu beitragen, die Probleme zu lösen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind? Und wie lässt sich das alles mit unseren satzungsgemäßen Aufgaben in Einklang bringen?

Buschmann: Bis zu diesem Strategietreffen bleiben wir aber natürlich nicht untätig. Einige Entscheidungen zu Einsparmaßnahmen mussten wir kurzfristig bereits treffen, zum Beispiel die Absage des Stiftungsfestes. Ganz pragmatisch gedacht werden wir wohl vorerst auch seltener Stipendien für Auslandssemester vergeben – denn in Zeiten der Pandemie sind Auslandsaufenthalte einfach viel schlechter planbar. Sicher wird es auch so sein, dass wir bei der Auswahl von Stipendiaten in Zukunft noch stärker als bisher auf die Bedürftigkeitsprüfung achten werden.

Buschmann-Interview-02

Warum ist das jetzt so wichtig?

Buschmann: Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Corona-Krise die vorhandene soziale Spaltung bei der Bildung und damit bei den Zukunftsperspektiven junger Menschen vertiefen wird. Daher werden wir unseren Fokus noch deutlicher auf die Förderung von Kindern, Schülerinnen und Schülern und Studierenden legen, die weniger gute Ausgangsvoraussetzungen mitbringen als andere.

Erdle: Das bedeutet leider, dass wir unser Engagement bei der Förderung des Deutschlandstipendiums vorübergehend etwas zurückfahren werden – denn bei diesem Stipendienprogramm steht die Bedürftigkeitsprüfung der Bewerber eben nicht im Vordergrund. Projekte wie unser Schulförderprogramm Einsteigen – Aufsteigen! hingegen wollen wir in jedem Fall weiter fördern und womöglich auch ausbauen.

Buschmann: Auch die Digitalisierung von Schulen kann eine wichtige Aufgabe sein, die wir in den nächsten Monaten und Jahren auf jeden Fall unterstützen würden. Wie wir das alles konkret am besten gestalten und in eine sinnvolle Strategie einbetten, wollen wir dann bei unserem Zukunftskongress im Herbst besprechen.

 

Wie können die Stifterinnen und Stifter Sie dabei -unterstützen?

Buschmann: Wir erfahren jetzt schon sehr viel Unterstützung und Engagement von unseren Stifterinnen und Stiftern und auch von anderen Partnern aus unserem Netzwerk. Allen ist bewusst, dass jetzt eine besonders herausfordernde Zeit vor uns liegt, in der junge Menschen auf ihrem Bildungsweg besonders viel Unterstützung brauchen werden – und dass unsere Arbeit also, wie man zurzeit so sagt, mehr als je zuvor systemrelevant ist. Wir wissen auch, dass unseren Stifterinnen und Stiftern der persönliche Kontakt zu den Stipendiaten und das persönliche Engagement besonders wichtig sind. Eine Überlegung wäre, Programme zu entwickeln, mit denen unsere Stifterinnen und Stifter sich auch mit ihren Erfahrungen und Fähigkeiten, mit ehrenamtlichem Engagement und ihrem persönlichen Netzwerk einbringen und die jungen Menschen unterstützen können.

 

Können Sie bei Ihren Förderprojekten dieses Jahr auch mit staatlicher Unterstützung rechnen, etwa mit Hilfsmitteln aus den Konjunkturpaketen oder anderen Hilfsmaßnahmen?

Erdle: Bislang sieht es nicht so aus. Die Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure wie der Stiftungen geht in der Debatte über die Bewältigung der Krise eher unter. Man sieht in der Politik nicht, dass gerade Einrichtungen der Zivilgesellschaft selbst stark auf der Einnahmenseite unter Druck geraten, gleichzeitig aber mehr denn je gebraucht werden. Da wollen wir in den nächsten Monaten verstärkt den Schulterschluss suchen mit anderen Stiftungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, um der Politik deutlicher zu machen, dass wir uns bessere Rahmenbedingungen für unsere Arbeit wünschen. Überdies werden wir mit anderen Stiftungen verstärkt den Austausch suchen und darüber sprechen, wie sich unsere Arbeit verändern muss.

Interview-Gruppe

An welche Veränderungen denken Sie dabei?

Erdle: Zum einen müssen wir, denke ich, über einige Trends der vergangenen Jahre wie das Impact Investing sprechen. Statt viel Geld in solche Einzelprojekte zu stecken, die oft nur über Umwege ihre Ziele erreichen, sollten wir uns vielleicht mehr auf das Wesentliche besinnen: genau hinschauen, was unsere Ziele sind und mit welchen Investitionen wir jetzt in der Krise dafür sorgen können, dass wir sie möglichst effizient erreichen. Außerdem muss die Stiftungswelt endlich mal den Lippenbekenntnissen zu mehr Kooperation im zivilgesellschaftlichen Sektor Taten folgen lassen. Gerade in einer Krisensituation wie jetzt sollten wir unsere Kräfte bündeln und schauen, wie wir gemeinsam unsere Ziele am besten erreichen können.

Buschmann: In einem unserer erfolgreichsten Projekte, dem „Einsteigen – Aufsteigen!“-Programm, gibt es ja schon eine solche Kooperation: Durch die Zusammenarbeit mit der Hans Hermann Voss-Stiftung konnten wir das Förderprogramm auf zwei weitere Schulen ausweiten. Das Förderprogramm ist durch die Gemeinschaftsstiftung insgesamt sehr offen konzipiert: Wir sind nicht nur offen für eine Vielzahl von Spendern und Zustiftern, wir arbeiten auch eng mit Schulen und anderen Institutionen zusammen. Mit unserem Verein Bildung fördern e.V. kooperieren wir aktuell zum Beispiel sehr gut mit der Kreishandwerkerschaft Köln. Und dazu gehören eben auch andere Stiftungen, deren Ziele sich mit unseren sehr gut ergänzen.

Lürwer: Ja, und warum nicht mal neue gemeinsame Projekte ausprobieren, auch mit Blick auf Investitionsvorhaben? Wenn wir zum Beispiel ein neues Kitagebäude bauen, könnten sich Kooperationen mit Partnern ergeben, die für klimaneutrales Bauen stehen – und unser Projekt mit Solartechnik ergänzen. Oder mit einer Stiftung, deren Schwerpunkt vorschulische Bildung ist und die sich mit ihrer Expertise einbringen kann.

 

Der traditionsreiche Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds wagt also 2020 einen strategischen Neustart und mehr Experimente?

Erdle: Tradition und Veränderung schließen sich nicht aus. So schlimm diese Krise auch in vielerlei Hinsicht ist, für uns ist klar: Wir wollen sie nutzen, damit am Ende etwas Gutes und Neues daraus entsteht. In dieser Herangehensweise bestätigt uns ein Blick zurück in die Vergangenheit: Seit 600 Jahren stiften Kölner Bürgerinnen und Bürger verschiedenster Herkunft schon für die schulische und universitäre Ausbildung junger Menschen. Wir haben einmal genauer hingeschaut. Wie sind unsere Gründer und Stifter eigentlich mit Krisen wie dieser umgegangen? Für sie waren Epidemien und andere Notsituationen wie Kriege oder Hungersnöte viel alltäglicher und herausfordernder als für uns heute. Und gerade deshalb wussten sie: Die Stiftungsziele müssen jederzeit, auch und besonders in einer Krisensituation, immer im Vordergrund stehen und nachhaltig wirken.

 

Was heißt das für Ihre Arbeit heute, inmitten der Corona-Krise?

Erdle: Wir müssen immer wieder Wege finden, unsere Ziele mit zeitgemäßen Strategien und Werkzeugen zu erreichen, uns nicht beirren zu lassen von den speziellen Wirren und Hindernissen unserer Zeit. Klar ist: Unsere Arbeit wird durch die Corona-Krise in den nächsten Jahren wichtiger sein denn je. Deshalb müssen wir uns schlagkräftig aufstellen. Das ist für uns in diesem Jahr die zentrale Herausforderung, der wir uns stellen wollen.

Das Interview führte Sarah Sommer, Redakteurin der Wirtschaftsredaktion wortwert.

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